Aber sei's drum, aktiver Fahrspass wartet da draussen irgendwo, man muss nur noch hinkommen. Und zwischen mir und dem ADAC Intensiv- und Perfektionstraining liegen noch ca. 180 km. Davon wiederum viel zu viele direkt auf der A9, doch bis auf einen Regenschauer bei Eichstätt (Klamotten bleiben 100%ig dicht) läuft das unspektakulär zwischen 120 und 130 auf der rechten Spur ab. Kaum Verkehr, zivile Temperaturen, keine besonderen Vorkommnisse. Und wenn ich dann für die letzten eigentlich 5 Kilometer A8 nicht Richtung München gefahren wäre (statt Richtung Stuttgart), hätt ich nicht 25 Kilometer Umweg gemacht.
Das Hotel in Gersthofen ist gut, lecker Abendessen, nettes Zimmer und nur 4 km vom ADAC-Platz entfernt. Der wird dann am Samstag um 9 geentert. Was sehen meine müden Augen zuerst? Die unvermeidliche BMW-Armada...und bevor ich jetzt gesteinigt werde: Man hat's nicht allen angemerkt *grins*

Und der Ludwig, grossgewachsener Fahrer einer 1250 GS, hat sich den vollen Respekt verdient. Was der aus geschätzten 2,5 Metern Sitzhöhe für Schräglagen reingehauen hat, hat uns alle begeistert. Wie das physikalisch funktioniert hat, war uns echt unklar - aber Ludwig hat's der Gummikuh richtig gegeben.

Nur mit dem Langsamfahren hatte er's nicht so und zweimal "Kühe umschubsen" gespielt. Einmal links, einmal rechts (damit's gleichmässig zerkratzt war). Aber auch da war die Trauer nicht von Dauer - am Schluss des zweiten Tages, als wir mit den Trial-Maschinen rumtoben durften, hat Ludwig mit einigen extrem starken Flugeinlagen beweisen, dass man auch während der Fahrt fein absteigen kann und nicht nur bei fast stehendem Gefährt. Und im Gras tut's ja auch nicht so weh. Rrrresch-pekt! Höchstnote!
Fahrerisch war das Training der Hammer. Nicht nur das erwartete Üben des Fahrens in Schräglage, sondern das Trainieren, was man in Schräglage alles veranstalten kann, haben mich fahrerisch deutlich weitergebracht. Faszinierend. Ich dachte immer, da geht nix mehr. Und am Schluss des Trainings konnte ich die Kreisbahn fast mit doppelter Geschwindigkeit fahren wie am Anfang. Und dann auch noch drücken, bremsen, hängen, drücken und hängen im Wechsel ohne die Linie zu ändern, Bremsen ohne Aufstellen und noch 1000 andere Sachen. Unglaublich.

Das Gelände in Augsburg hat auch noch den Vorteil, eine richtig nette kleine Rennstrecke zu bieten mit einer stufigen Serpentine, mehreren fiesen, engen und auch weiten, zuziehenden Kurven (je nachdem, wie der Parcours abgesteckt wird), sogar ein kleiner Hügel dabei. Klasse! Am Schluss haben wir die Kreisbahn noch integriert, mit einer brutal zuziehenden Kurve als Einfahrt. Hat das einen Spass gemacht. Nicht nur trockene Übungen (oder auch nasse, mit bis zu 20 cm tiefer Wasserdurchfahrt), sondern auch die Umsetzung im "Renngeschehen" wurde geübt. Bis auf den fehlenden Gegenverkehr (der einem ja nicht wirklich fehlt) konnte man dann realistisch testen, wie man welche Kurve am besten nimmt und was man tut, wenn einem die Strasse ausgeht. Das war die mit Abstand beste Zeit auf dem Mopped, die ich bisher hatte. Und natürlich entwickelt sich der Ehrgeiz, die Kurve beim nächsten Mal noch besser anzufahren, um noch früher auf's Gas zu können.

Vor allem die Stufe in der kleinen Serpentine (bergab) hat das Bike in voller Schräglage nochmal fein einfedern lassen - da war dann Bremsen (nix gibt's!) angesagt oder eben Augen zu und durch. Und da die BMW mit 'nem halben Meter Federweg die Stufe nicht mal bemerkt hat, half nur, den Blick in die Kurve voraus zu richten und sich nicht an den schabenden Geräuschen der inneren Fussraste zu stören. Soweit kommt's noch, sich von einer GS einholen zu lassen *grins*

Aber ich habe auch festgestellt, dass ich mehr Drehmoment haben muss. Am ersten Tag musste ich mangels Selbstvertrauen noch oft im ersten um die Kurven, was wegen der dann empfindlich am Gas hängenden Hornisse schon gerne mal zu Herzrhythmusstörungen geführt hat. Als ich dann am zweiten Tag besser konnte und den zweiten als Dauergast in der Schaltbox fuhr, fehlte natürlich gelegentlich der Druck im Kessel. Eine Spitzkehre mit 2000 Umdrehungen - das dauert dann schon, bis die vier Töpfchen sich mal bequemen, ordentlich Leistung abzuwerfen. Da war die GS doch im Vorteil - Ludwig hat quasi um 9 Uhr früh den dritten reingeworfen und zum Trainingsende wieder rausgenommen. Beim Herausbeschleunigen aus der Kurve war der nicht so schnell abzuhängen. Hat mir schon gefallen, was der mit dem dicken Klump so gerissen hat. Da ich nur GS-Fahrer kenne, denen man beim um die Ecke tragen des Zweienders schiebend assistieren muss, dachte ich immer, damit kann man nur "G"anz "S"achte geradeaus fahren. Dem scheint aber nicht so zu sein.

Am Schluss der wilden Hatz dann nochmal richtig was zum Schwitzen: Trial. Seltsame Zweitakter, die herrlich stinken und furchtbar laut sind. Also genau das richtige Spielzeug für uns. Leider aber nur vier Stück für 10 Personen.
Der Trainer meinte, wir sollten uns keine Sorgen machen, dass nur sowenig Maschinen da wären, nach eine halben Stunde will sowieso keiner mehr fahren, weil das extrem anstrengend ist. Nach zwei Stunden hat er gefragt: "Sagt mal, kennt ihr euch schon alle von vorher? Sowas hab ich noch nicht erlebt, dass da so eine Bewegung ist und immer noch alle mitmachen."
Wie schon angedeutet, ist ein Trial-Mopped nichts, wo man als Ungeübter besonders lange draufbleibt, wenn man es mal richtig probiert. Und man musste den jeweils sechs zuschauenden Kollegen ja ordentlich was bieten. Neben Ludwigs Dauerplatz auf dem Podium der spektakulärsten Abflüge haben sich auch die anderen fein verewigt, zum Beispiel mit einem Bremsen vor den auf der Hügelspitze befindlichen Büschen, was zum kapitalen Überschlag führte. Natürlich hat der Bursche dabei den Lenker nicht losgelassen, sondern einen gestreckten Salto über den festgehaltenen Lenker vollführt und damit potentielle Nistplätze von einem halben Dutzend Kleinvögeln geplättet. Auch der etwas stärker gebaute Mitfahrer, der dann einfach das Trial nicht an den Hang, sondern an den Abhang lehnte beim Hochfahren, hat Höchstnoten bekommen für die 7-10fache Rolle bergab. Ich hab mich mal ganz zurückhaltend nur seitlich in den Berg gebohrt (zuviel an den Hang gelehnt) und hatte Mühe, das Teil wieder aus der Wiese zu kriegen, ohne auf der anderen Seite runterzufallen. Sah bestimmt auch mordskomisch aus.

Leider, leider, war dann der zweite Tag auch schon vorbei und es ging wieder auf die Heimreise. Aber wenigstens statt 2,5 Stunden in nur 1,5 Stunden. Ohne Verfahrer und mit viel mehr Gefühl.
Als Fazit kann ich nur sagen: Selten soviel gelernt und soviel Spass gehabt, wie bei diesem Training. Natürlich hatte ich Glück mit den anderen Teilnehmern: Irgendwie war das eine wirklich prima Truppe, in der nie bösartig kommentiert, sondern nur freundlich gefrotzelt, aber auch gleichzeitig voll toleriert und unterstützt wurde. Das hat riesigen Spass gemacht. Und ich habe wirklich was dazugelernt. Nicht nur, dass ich bessere Schräglagen fahre. Und es auch nette BMW-Fahrer gibt. Sondern vor allem, dass so ein Motorrad wesentlich mehr kann als man sich selbst zutraut, wenn man sich nicht verkrampft, den Lenker locker hält, in der Hüfte beweglich bleibt und es einfach fliessen lässt...let it flow, baby...

